Gedichte


Ver(b)rannt

Vor ein paar Jahren

war ich frei

hatte Pläne

Wünsche

Vor ein paar Monaten

war ich aktiv

hatte Arbeit

Ziele

Vor ein paar Wochen

war ich taub

hatte Sehnsucht

nach nichts

Vor ein paar Tagen

war ich wach

hatte Augenringe 

Herzklopfen

Vor ein paar Stunden

war ich hier

habe begonnen 

zurückzukehren

zu mir.

2016

 

Wehmut

Grußkarten von Nirgendwo

nach Irgendwo

schreien Worte

an Orte

die niemand nennt

und keiner kennt

ihr Schall 

verflüchtigt überall

Ein Rauschen

Stimmen vertauschen

Buchstaben verdrehen

gar nichts verstehen

nichts drum geben

weiter leben.

2015

 

Strudel

Stehenbleiben.

Steckenbleiben.

Langsam drehen,

verschwommen sehen.

Zu bunt treiben.

Zu weit treiben.

Schneller drehen,

gar nichts sehen.

Untergehen.

2015

Dunstblick

Nebelschwaden suchen das Licht

nehmen die Sicht

Mehr Umrisse, weniger Konturen

mehr Masse, weniger Figuren.

#reallife#nofilter

2015

Island of Freedom

Platz: Die Menschen rennen, springen, tanzen.

Freiheit durchströmt Lunge und Gedanken

Sie greifen danach, atmen auf.

 

Insel der Freiheit

Insel der Freude

Insel der Fremde

 

Nähe: Die Menschen drängen, kleben, berühren.

Druck dröhnt auf Trommelfell und Haut

Sie drücken dagegen, lassen los.

 

Insel der Nähe,

Insel der Nächte,

Insel des Neuen.

 

Freiheit und Nähe: Ausprobieren, auslassen, ausleben.

Exzess flutet Blutbahnen und Synapsen.

Sie schwimmen mit, schweben.

 

Insel der Unendlichkeit für diesen Moment.

Insel der Drogen aus Tönen, Lichtern, Gräsern, Synthetik, Menschsein.

 

Schnell, viel, laut.

Insel der Unendlichkeit -

Bis der Regen trocknet und der Staub sich legt.

2014

 

 

Festivalparalysiert

Die Musik

verstummt

Die Lichter

erloschen

Die Menschen

überall nur woanders.

 

Die Heizung

heizt

Der Deckenfluter

flutet

 

Der Spiegel

spiegelt unreflektiert sein Gegenüber.

Die Bilder

singen

 

Die Augen

leuchten

Das Herz

zerrissen in Gefühlsfetzen.

 

Der Kopf

plant

Die Hände

langsam

Die Gedanken

noch immer völlig festivalparalysiert.

2014

Trendsport: Zeit totschlagen
Eins.
Zwei. Dreizehn.
Das Fenster wird enger.

Dreizehn.
Dreihundert. Hunderttausend.
Der Punkt kommt pünktlich.

Tausend.
Aber, tausend davon
sind nicht genug. 

Tausendundzwei
Zeitpunkte verloren.

Vor der Todeslinie gestolpert. 
Am Ende doch von der Zeit geschlagen.
2013

 

 

Keine Wiederholung.
Zeit kann man nicht wieder holen.
2013

 

 

Zwangspause

Hämmernd

die Wellen

aus Schall und Licht

Pressluft

im Schädel
Augen laufen über.

 

Pochend.

Kreischend.

Rasend.

Die Gedanken:

ausgeschaltet.


Kopfparalysiert.
Tag verloren.
Zwangspause aushalten müssen.
2013

 

 

Kopfmenschen

Sie greifen,

rutschen ab,

kratzen.
Rote Steifen auf der Haut.

Sie zerdrücken die Adern,

erdrücken.
Blaue Flecken.
Mahnmale.
Blut stockt.

Herzschlag

verlangsamt.
Der Kopf zufrieden. 

Unter seinesgleichen.

Kopfmenschen.

Mit festem Händedruck.

2013

 

 

Zweimal.

Musik
Vertraut
Lachen
Nähe
Umarmung
Freiheit

 

Musik
Vertraut
Lachen
Ferne

Leere.

2012

 

 

Umzug nach 25 Jahren
Es ist ein bisschen wie Weihnachtsbaum-Abschmücken: 

Die kleinen Erinnerungen werden in Kisten gepackt,
es regnet und die ganze Familie ist zusammen.

Aber jetzt ist Mai und dieses Mal
ist es nicht ein Nadelbaum derjenige,
der den Schleifkotten (für immer) verlässt.
2013

 

 

Gerahmt

Grau hängt im Grün,
das Zugfenster trüb.
Die Bewegung vermischt.
Das Fenster rahmt
den melancholischen Einheitsbrei. 

2012

 


Radio

On-Air-Adrenalin
der richtige Pegel
die Lampen an
endlich wieder wellenförmig.

2012

 


Ausgebrannt
Es ist Sommer
sagt der Kalender.
Durch die Kopfhörer
dröhnt das dumpfe Rauschen des Zugs.
Regentropfenrennen -
alle gegen alle.
Das Tempo zu hoch.
Zerschlagene Sprenkel
an die Scheibe gepresst,
bewegungsunfähig.
Die Ohnmacht der Geschwindigkeit.
Ausgebrannte Regentropfen.

2012 

 


Eiffelturm aus Plastik
Neonplastik-Gebilde
von dem Monster aus Stahl.
Menschen, die sie loswerden wollen, 
obwohl sie das eigentlich gar nicht wollen.
Menschen, die sie kaufen,

obwohl sie das eigentlich gar nicht wollen.

Und eigentlich auch nicht machen.
Nur das eine Mal, in Paris.
Merkt ja keiner.
Morgen kommt der nächste mit Neonplastik-Türmen,
Morgen der nächste, der dafür bezahlen muss. 
2012 

 


Durchzug

Neunzehn stehen da, teilnahmslos,
sie verfolgen ein Ziel, allein.
Die Anzeigetafel sagt „sofort“.

Die Augen verlassen die roten Buchstaben,
fixieren jetzt die gelbe Linie.
Der Fußboden im Zug ist grau meliert.

Stumm sitzen die Neunzehn,
Jetzt mit mindestens Zehn mal so vielen,
aus ihren Ohren wachsen Kabel.

Ein Lied, eine Station weiter,
Im flackernden Fenster kontrollieren sie
sich selbst
und einander.

Ein Blick auf die Uhr:
Schon wieder zu spät!
Jetzt endlich schalte auch ich mein Gesicht auf Durchzug.

2012

 

 

Passepartout

Die Nacht rahmt Fenster
in ihr schwarzes Passepartout.
Kontrastprogramm.
Ich stelle mir vor, wie es sich anfühlt

in diesen Rahmen.
Und gehe weiter.
Genieße mein grenzenloses Passepartout.
2012 

 


10 Minuten
Nur kurz abschalten.
10 Minuten Grün
Nach 10 Stunden Grau.
Kopf kurz einschalten.
Da sein.
Nur kurz öffnen.
10 Minuten frei
Nach 10 Stunden folgen.
Augen kurz schließen.
Nur kurz verschwinden.
10 Minuten fliegen

Nach 10 Stunden stehenbleiben.
Ganz kurz dasein.
Nur kurz schweigen
10 Minuten Stille
Nach 10 Stunden gehüllt in Worte.

Bis zum scharfen Pfiff:
"On ferme!"
Jetzt ist er dran

mit seinen 10 Minuten.
2012 

Kreislauf I

Der Städter im Grün

Er stöhnt.
Macht den iPod lauter,
auch seine Schritte werden es,
und das nächste Stöhnen auch.

Dann läuft er noch zwei Runden im Kreis,
nur, damit es jeder weiß.

 

 

 

Kreislauf II

Gedankenlos, zeitlos
auf der hässlichen Bank versunken,

schief, auch sie eingesunken, zerkratzt, allein, am Rand.

Die Hetzer hetzen vorbei.
Sie haben Turnschuhe an
und etwas auf den Ohren.
Sie rennen
um ihr Leben.
Fit müssen sie sein.

Weil sie die Natur so sehr liebenm
rennen sie noch drei- viermal im Kreis.
Dann zum Ausgang.
Genug Natur,
der Park schließt ja gleich.
(Und das Essen wird kalt)

2012

 

Um Dich

Der Takt,
Die T
änzer.
Die Tr
äne
In deinem Augenwinkel
verfliegt.
Alles dreht sich
um dich.


Der Bass
Die Brust
Der Boden
Unter deinem Gesicht
vibriert.
Alles dreht sich
um dich.


Das Bier
Das Blitzlicht
Das Blut
In deinen Adern
pulsiert.
Alles dreht sich
um dich.

Du drehst dich.
Im Kreis.

2011

 


Kein Zufall

Beamen können, 

Von hier nach da

Ins  Überall

In einem Bruch-

Teil.

Keine Wege 

Umsonst 

Zu Fuß

Einfach nur- ein Bruch-

Im Leben?

Schnell, schnell 

zeitlos

Durch die Gegend.

Durch die Gegend?

Durch das Nichts!

Keine Gespräche 

Auf dem Weg,

kein Zufall,

keine Überraschung,

kein Gespräch am Straßenrand

Kein Blick ins Auto nebenan

kein Warten auf die Bahn

keine Musik auf dem Weg

keine Bewegung,

keine Verspätung

Sofort

keine Bewegung,

Stillstand?

Funktionieren

-Leben in Extremen

Ohne Übergänge.

Ohne Wege,

nur Ziele.

Kein bis gleich,

bis jetzt.

2010

 

 

Matt

Als 32 stehen wir,

geteilt in zweimal 16

schwarz / weiß 

gespiegelt

 

die Reihen

sie wie wir

nur gefärbt

 

Bedacht,

Feld für Feld

einnehmen

wegnehmen

 

Mauer durchbrechen

die Anführer

entmachten

Schachmatt.


Kein Grau

in diesem Spiel.

Nur Schwarz oder Weiß.

2010


Runde Sache

Getreten

Vom Rasen auf den Asphalt.

Alles stürzt auf ihn.

Schwarz, weiß, schwarz, weiß, schwarz.

Getreten

Zurück auf den Rasen.

Alles will mittreten.

Weiß, schwarz, weiß, schwarz, weiß.

Getreten,

zum nächsten Fuß.

Alles brüllt ihn an.

Schwarz, weiß, Schwarz, weiß, Schwarz.

Getreten,

am Ziel.

Alles jubelt.

Weiß, Schwarz, Weiß, schwarz, weiß.
2010

 

Ich bin nicht retro

16:9, das ist modern.

Kein Ausschnitt, kein Rahmen,

das pure Bild,

der ganze Flatscreen bedeckt.

 

4:3, das ist alt.

Kleiner Ausschnitt, dicke Balken an den Seiten.

Aufgeblasenes, gekörntes Bild.

der Flatscreen nicht ausgenutzt.

 

16:9 und Röhrenfernseher, ist das retro?

Schwarze, lange Balken oben und unten.

Bild verzerrt.

Die Röhe als Kinoleinwand

 

Niemand beschwert sich -

solange er nicht das Andere kennt.

Der eigene Blickwinkel - der Beste.

 

Meine Augen umrahmt von schwarzer Seide.

Ich sehe wie ihr.

Keine Ränder, nichts verzerrt.

Ich bin nicht retro, nicht avantgarde.

 

Ich bin einfach nur
eingerahmt.

2010

 

Profil

Spuren im Schnee
Eine aufgewühlte Pfütze.
Ein Gesicht,
es spiegelt sich,
setzt sich zusammen
im grauen Wirbel.
Lächelt es?
Die Augen schwimmen.
Tiefe Grübchen in den Wangen.
Ein Tropfen fällt,
trifft die Nasenspitze.
Das tiefe Profil
treibt die Körnchen auseinander.
Wirbelt sie auf
Und hinterlässt nichts.
Nur die trübe Oberfläche.

2010

 


Trywant

Wanting to try by trying to want.

2006

 


Kettenkarussell

Ich fühle mich so frei.

Kann ich fliegen?

Wo bin ich?

So frei fühle ich mich…

Es ist lächerlich,

ich lache heimlich für mich.

 

Ich fühle mich so stark,

kann ich es schaffen?

wo sind all die Ketten?

So stark fühle ich mich…

Es schmerzt bitterlich.

Ich weine kurz für dich

 

Ich fühle mich so neugeboren.

Bin ich noch ich?

Wo sind meine Gedanken?

So neugeboren fühle ich mich...

Es beginnt hier

Ich taumel beim Blick zurück.

 

Alles verschwimmt

Das Tempo so hoch

Das Leben zu schnell

Alles ist neu.

Wo ist das alte geblieben?

Doch alles ist neu

 

Ich verlor die Sinne

Alles ist neu

Verlor den Verstand

Wo ist das Alte geblieben?

 Alles ist neu

Verlor ich mich selbst?

Nichts ich wie damals,

denn alles ist neu.

2005